Correggios Madonna in der Glorie
Ursprung, Entstehung und Weiterentwicklung eines Altarbildtypus
Helen Marie Kohn, MA
Die Madonna des heiligen Sebastian (um 1524) ist eines der vier Altargemälde von Antonio Allegri genannt Correggio (um 1489–1534) in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden. Im Rahmen eines Forschungsprojekts wird das Bild in einer Schaurestaurierung in der Galerie kunsttechnologisch untersucht und restauriert. Die Ikonographie, Geschichte, Malweise und Rezeption des Bildes stehen im Zentrum meiner Dissertation, die das Forschungsprojekt kunsthistorisch begleitet.
Correggios Kompositionen zeichnen sich durch ein hohes Maß an Innovation aus. Im Himmel thront Maria mit Christus, umgeben von einer hellen Glorie mit Wolken-Putti. Oftmals wird diese Ikonographie mit einer Madonna im Himmel und Heiligen auf der Erde als „Madonna in der Glorie“ bezeichnet und/oder als ‚visionäres‘ Altargemälde gedeutet, in dem die Heiligen oder einer der Heiligen eine Vision erlebt, die die Ikonographie im Himmel erklären soll. Dieser vermehrt ab dem 16. Jahrhundert auftretende Altargemälde-Typus und seine Bedeutung und Entwicklung in Oberitalien im 16. Jahrhundert werden in meiner Arbeit erforscht.
Die Mnemosyne-Tafel zeigt verschiedene Schwerpunkte der Dissertation. Im Zentrum steht Correggios Madonna des heiligen Sebastian. Links sind verschiedene frühe Beispiele einer sog. „Madonna in der Glorie“ zu sehen, darunter Andrea Mantegnas Madonna in der Glorie mit Heiligen (1497, Castello Sforzesco, Mailand) und Peruginos Madonna mit Kind in der Glorie (um 1500, Pinacoteca Nazionale Bologna). Auf der rechten Seite sind Werke, die sich auf Correggios Altarbild beziehen und spätere Beispiele ‚visionärer‘ Altargemälde angeordnet. Parmigianinos schlafender Hl. Hieronymus (Madonna des heiligen Hieronymus, 1526/27, National Gallery, London) belegt, dass er Correggios Komposition oder Vorzeichnungen mit dem schlafenden Hl. Rochus gekannt haben muss, bevor er 1524 von Parma nach Rom zog. Giovanni Lanfrancos Madonna mit Kind (1630, San Pietro, Leonessa) rezipiert Correggios Gemälde ebenfalls und steht beispielhaft für die Beliebtheit dieses Typus im Barock.
Helen Marie Kohn, MA
Helen Kohn ist wissenschaftliche Assistentin in der Gemäldegalerie Alte Meister. Im Zusammenhang mit der Restaurierung von Correggios „Madonna des heiligen Sebastian“ promoviert sie an der Goethe-Universität in Frankfurt zu Correggios „Madonna des heiligen Sebastian“ und der Entwicklung des ‚visionären‘ Altarbildes im 16. Jahrhundert in Oberitalien. Nach dem Studium der Kunstgeschichte und Betriebswirtschaftslehre hat sie als wissenschaftliche Volontärin in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden gearbeitet und verschiedene Ausstellungsprojekte in der Gemäldegalerie Alte Meister unterstützt. Zuletzt kuratierte sie zusammen mit Rebecca Chipkin die Ausstellung „A Modern Masterpiece Uncovered: Wyndham Lewis, Helen Saunders and Praxitella“ im Project Space der Courtauld Gallery in London.